Seit hunderten von Jahren verändern Menschen Gewässer zu ihrem Nutzen. Die Maßnahmen dienen unterschiedlichen Zwecken: Wasserversorgung, Bewässerung, Energieerzeugung, Transportwege, Hochwasserschutz und Fischerei. Die Veränderungen haben für die angestammten Fischarten oft einen hohen ökologischen Preis.
Weniger als 10% der Fließgewässer in Deutschland sind im Jahr 2017 in einem „guten ökologischen Zustand“. Über 90% weisen mehr oder weniger große Defizite auf.
Fehlende Durchgängigkeit
Nur eines von 1,3 Millionen geschätzten Wanderhindernissen in den Flüssen Europas. Foto: Olaf Lindner
Der mit Abstand häufigste Grund ist die fehlende Durchgängigkeit der Gewässer. Viele Flüsse gleichen heute einer endlosen Kette von Staustufen. Es gibt in Deutschland kaum noch Fließgewässer ohne die intensive Nutzung der Wasserkraft. Jedes Kraftwerk - sei es noch so klein - ist dabei ein schwerwiegender Eingriff in das Ökosystem Fluss.
„Dem Gewässer wird durch die Wasserkraft die Fließenergie entzogen und ein Wanderhindernis installiert. Vor den Kraftwerken entstehen ausgiebige Staubereiche. Dort lagern sich Sedimente ab und das Wasser erwärmt sich zusätzlich. Viele Fische kommen in nicht fachgerechten ausgelegten Anlagen zu Tode.“, erläutert Dr. Christel Happach-Kasan, Präsidentin Deutscher Angelfischerverband.
Erhalt der aquatischen Biodiversität
Die großen Errungenschaften bei der Verbesserung der Gewässerqualität gegen Ende des Letzten Jahrhunderts haben die Aussicht auf lebendige und artenreiche Gewässer in ganz Deutschland eröffnet. Eine noch zu bewältigende Kernaufgabe des Flussgebietsmanagements bleibt es, die ökologische Durchgängigkeit der Flusssysteme wiederherzustellen. Die Durchwanderbarkeit der Fließgewässer für Fische, Neunaugen und Wirbellose ist eine grundlegende Voraussetzung für die Wiederbesiedlung unserer Flüsse und Bäche und für den Erhalt der aquatischen Biodiversität. Welche Artenvielfalt und welchen immensen Fischreichtum unsere Gewässer oft noch bis ins letzte Jahrhundert hinein beherbergten ist uns kaum noch bewusst. Um einen „guten ökologischen Zustand" der Gewässer zu erreichen gilt es, wo immer möglich, naturnahe Lebensraumstrukturen zu schaffen und eigendynamische Prozesse zuzulassen. Die letzten unverbauten Gewässerstrecken sind als solche zu erhalten.
Wasserkraftnutzung untergräbt die Zielstellungen der Wasserrahmenrichtlinie
Die Bedrohung der Fließgewässerlebensräume in Europa nimmt jedoch zu. Auch in Deutschland ist die Wasserkraftnutzung weiterhin einer der großen ungelösten Konflikte im Natur- und Umweltschutz. Ihre Förderung untergräbt Zielstellungen der Wasserrahmenrichtlinie und des Artenschutzes - zu beobachten selbst in Gewässern, die Teil von Durchgängigkeitskonzepten oder Wiederansiedlungsprogrammen für Wanderfische sind. Gerade hier muss die Herstellung der Durchgängigkeit aber vorrangig auf die Beseitigung von Querbauwerken abzielen. Der unterbrochene Sedimenttransport stellt an vielen Flussabschnitten eine zusätzliche Herausforderung dar.
Fische müssen wandern
Fische müssen Wandern. Viele Fischarten sind auf durchgängige Gewässer zwingend angewiesen. In erster Linie um ihre angestammten Laichplätze zu erreichen, aber auch um neue Gewässerabschnitte zu besiedeln oder im jahreszeitlichen Verlauf den Standplatz zu wechseln.
Flüsse brauchen Fließenergie
Lebendige Flüsse sind auf die Energie angewiesen, die ihnen die Wasserkraft entzieht. Der Aufstau verursacht eine dauerhafte Degradierung der Fließgewässerlebensräume, unterbricht Wander- und Driftbewegungen im Gewässer und stört die dynamische Interaktion von Fluss, Ufer und Aue.
Gewässersysteme bilden das ökologische Rückgrat unserer Landschaft. Mit ihren Auen bilden Flüsse und Bäche grüne Korridore, die eine Vernetzung der unterschiedlichsten Lebensräume und die Ausbreitung einer unübertroffenen Vielfalt von Arten ermöglichen. Die Flussbewohner, allen voran die Wanderfische, versinnbildlichen geradezu die ökologische Vernetztheit unserer Landschft. Ihre Wiederausbreitung und Wiederansiedlung zu ermöglichen ist eine Herausforderung, der sich die Angler verpflichtet fühlen.
Fragen und Antworten
[toggle state="closed" title="Welche negativen Einflüsse hat die Wasserkraft auf das Ökosystem Fluss?"]Dem Gewässer wird durch die Wasserkraft die Fließenergie entzogen und ein Wanderhindernis installiert. Vor den Kraftwerken entstehen ausgiebige Staubereiche die Methanausgasungen erzeugen. Dort lagern sich Sedimente ab und das Wasser erwärmt sich zusätzlich. Viele Fische kommen in nicht fachgerecht ausgelegten Anlagen zu Tode.[/toggle]
[toggle state="closed" title="Welchen Anteil hat die Wasserkraft an der Bruttostromerzeugung in Deutschland?"]
Während die Wasserkraft insgesamt einen Anteil von ca. 3,5% der Bruttostromerzeugung in Deutschland ausmacht. So entfällt davon nur ein Bruchteil auf die so genannte kleine Wasserkraft, also Anlagen mit einer Installierten Leistung bis 1 MW.
(Quelle: Arbeitsgruppe Erneuerbare EnergienStatistik (AGEEStat))
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[toggle state="closed" title="Wieviele Wasserkraftanlagen gibt es derzeit in Deutschland?"]Laut dem Bundesumweltamt gibt es derzeit etwa 7600 Wasserkraftanlagen in Deutschland.[/toggle]
[toggle state="closed" title="Welche Auswirkungen hat die Wasserkraft auf wandernde Fischarten?"]Für den flussreichen Süden von Deutschland führt die „Rote Liste für Baden-Württembergs Fische, Neunaugen und Krebse“ elf Fischarten mit ausgeprägtem Wanderverhalten auf. Der Stör ist in Baden-Württemberg bereits ausgestorben. Lachs, Meerforelle, Maifisch und Huchen sind vom Aussterben bedroht. Die anderen Arten gelten als stark gefährdet. Die Zahlen belegen den hohen Gefährdungsgrad von wandernden Fischarten in Deutschland.
(Quelle: Rote Liste für Baden-Württembergs Fische, Neunaugen und Flusskrebse)
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[toggle state="closed" title="Gibt es technische Lösungen um Fische wirksam zu schützen?"]Es gibt eine Reihe von sinnvolen Schutzmaßnahmen bzw. technischen Lösungen, welche die Umweltschäden zumindest mindern. Bis zu einem Abfluss von 50m3/s pro Rechenfeld bestehen geeignete marktfähige Lösungen. Der DAFV fordert eine flächendeckende Nachrüstung alter Anlagen auf den aktuellen „Stand des Wissens“ und „Stand der Technik“ beim Fischschutz, Fischauf- und Fischabstiegs-Systemen. Eine erfolgversprechendes Konzept sind z.B. Leitrechen-Bypass-Systeme. Der Verband Deutscher Fischereiverwaltungsbeamter und Fischereiwissenschaftler e.V. hat dazu die Fachinformation: Stand des Wissen und der Technik bei Fischschutz- und Fischabstiegssystemen an Wasserkraftanlagen veröffentlicht.[/toggle]