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Salmo salar – der Lachs oder auch König der Flüsse genannt. Viele kennen ihn als Zuchtlachs aus der Kühltheke, doch nur die Wenigsten wissen, dass diese majestätische Fischart in Deutschland ursprünglich einmal heimisch war und viele unserer Flusssysteme besiedelte.

Lachs und Meerforelle - verschollen!

Spätestens seit den 1950er Jahren gilt der Lachs im Elbe-Gebiet sowie seit mehr als 100 Jahren in Brandenburg als verschollen. Der Meerforelle (Salmo trutta trutta) geht es hierbei nicht besser. Nur einige wenige Restbestände finden sich in den norddeutschen Elbzuflüssen und werden seit den 1950er Jahren durch Wiederansiedlungsprogramme unterstützt. Den akuten Handlungsbedarf und das Fass final zum Überlaufen brachte jedoch der Chemieunfall der Firma Sandoz im Jahre 1986, als ca. 20 Tonnen Gift durch Löschwasser in den Rhein geschwemmt wurden. Die Folgen des Unglücks waren ein rot gefärbter Rhein, der Zusammenbruch der Trinkwasserversorgung in einigen Regionen sowie ein massives Fischsterben entlang des einst fischreichen Flusses. Aufgrund des hohen Drucks der Bevölkerung auf die Politik wurde ein Programm zur Wiederansiedlung des Lachses verabschiedet. Das Programm Rhein-Lachs 2000 sah eine schrittweise Wiederherstellung der einstigen aquatischen Ökosysteme sowie der darin beheimateten Fischzönosen vor.

Initiativen für den Artenschutz

Wirtschaftlicher Aufwind infolge der Wiedervereinigung 1989/1990, eine generelle Verbesserung der Wasserqualität in den Flüssen sowie rasch einsetzende Erfolge im Rheingebiet ab 1992 ließ auch im Elbe-Gebiet viele Initiativen rund um den Lachs entstehen. Eines dieser Programme war die Initiative „Elblachs 2000“ und hatte zum Ziel die Durchwanderbarkeit der Flüsse wiederherzustellen, eine geeignete Wasserqualität sowie Laichplätze für Lachse zu schaffen sowie einen sich selbst reproduzierbaren und fischereilich nutzbaren Lachsbestand wiederaufzubauen.

Das brandenburgische Stepenitz-System

Seit 1998 ist man im brandenburgischen Stepenitz-System (Nebengewässer der Elbe) bestrebt, Lachse sowie Meerforellen wieder anzusiedeln. Im ganzen System befinden sich circa 100.000 m² geeignetes Habitat, welches für die Fortpflanzung sowie das Heranwachsen der Jungfische genutzt werden könnte. Problem hierbei: Diese Habitate konnten aufgrund von Wehranlagen für lange Zeit nicht von den laichreifen Lachsen und Meerforellen erreicht werden. In den über 20 Jahren Laufzeit des Projektes ist es mittlerweile gelungen, 14 solcher Anlagen in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Umwelt (LfU), dem Wasser- und Bodenverband Prignitz und dem Landesanglerverband Brandenburg (LAVB) so weit umzubauen, dass 60% (51 km) des Flussgebietes wieder durchwanderbar sind.

20211210 Stepenitz 0035Nach erfolgtem Abstreifen im Bruthaus werden die Meerforellen und Lachse wieder in die Stepenitz entlassen. Foto: Philipp Czapla, DAFV

Erste Erfolge in Brandenburg

Erste Erfolge stellten sich ab 2002 ein, als erste laichreife Fische wieder den Weg zurück in das Stepenitz-System gefunden haben. Seit Beginn des Projektes wurden insgesamt 433 Lachse sowie 1.352 Meerforellen durch Elektro-Befischungen sowie durch Unterwasserkameras im Stepenitz-System nachgewiesen (Stand Mitte 2021). Dies geht vorwiegend auf die seit 1999 durchgeführten Besatzmaßnahmen zurück, aus denen sich aktuell eine Rückkehrerrate von 0,3-0,8% ergibt. Diese liegt jedoch nach wie vor unter der gewünschten Rückkehrerrate von 3%, obwohl die jährlich abwandernden 11.700 Smolts (Jungfische) rein rechnerisch für einen natürlichen Selbsterhalt ausreichen würden.

20211210 Stepenitz 0004Auf der Suche nach Lachs und Meerforelle! Mit Hilfe der Elektrofischerei wird die Stepenitz durch das Institut für Binnenfischerei (IfB) Potsdam-Sacrow und dem Fario e.V. abgefischt. Foto: Olaf Lindner, DAFV

Erbrütungsanlage des Fario e.V. als Unterstützung der natürlichen Reproduktion

Auch wenn seit 2003 vereinzelte Nachweise einer natürlichen Reproduktion der Meerforellen und Lachse existieren, betreibt der Fliegenfischerverein Fario e.V. seit 2013 ein eigenes Bruthaus, um die Nachkommen der aus dem Atlantik zurückkehrenden Fische künstlich zu erbrüten und aufzuziehen. Die dafür notwendigen laichreifen Fische werden jährlich im Herbst/Winter, mit der Unterstützung des Instituts für Binnenfischerei (IfB) Potsdam-Sacrow, im Stepenitz-System elektrisch abgefischt und zum Abstreifen in das Bruthaus gebracht. Im Rahmen des elektrischen Herbstmonitorings 2021 konnten somit insgesamt 54 Meerforellen sowie 11 Lachse gefangen und für die Reproduktion genutzt werden. Dies ist wichtig, um die natürlichen Verlustraten auszugleichen und die natürliche Reproduktion zu unterstützen. Mit dieser Methode ist es dem Fario e.V. seit 2014 möglich, pro Jahr 20.000 bis 95.000 Meerforellen sowie bis zu 10.000 Lachse zu erbrüten. „Langfristiges Ziel ist ein nachhaltiger, sich selbst reproduzierender Bestand, der nicht mehr auf unsere Unterstützung angewiesen ist. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg“, so Bruthauswart Mirko Beutling.

20211210 Stepenitz 0058Sobald die Meerforellen und Lachse laichreif sind, werden diese abgestreift. Die so gewonnenen Eier werden mit dem Samen des Männchens vermischt und im Bruthaus des Fario e.V. erbrütet und aufgezogen. Foto: Philipp Czapla, DAFV

Fehlende Habitate und geringe funktionelle Konnektivität erschweren das Überleben

Trotz der großen Bemühungen des Fario e.V. und der Unterstützung durch den LAVB und das Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung (LELF) Meerforellen und Lachse wieder erfolgreich anzusiedeln, fehlt es neben der vollständigen Durchgängigkeit und funktionellen Konnektivität des Stepenitz-Systems vor allem an geeigneten Laich- und Jungfischhabitaten. Wichtige Kriterien für das Überleben der Larven und Jungfische sind unter anderem eine optimale Wassertiefe sowie angepasste Strömungsgeschwindigkeiten und Sedimentfrachten des Fließgewässers. Sind diese Bedingungen nicht in ausreichendem Umfang gegeben, schwinden die Überlebenschancen der frisch besetzten Larven um ein Vielfaches.

jaehrliche Ruckkehrer bars logoAnzahl der jährlich zurückkehrenden Lachse und Meerforellen im Stepenitz System seit 2002. Die Daten wurden durch das Institut für Binnenfischerei (IfB) Potsdam-Sacrow sowie den Fario e.V. aufgenommen.

 

kumulierte Rueckkehrer lines logoAkkumulierte Anzahl der jährlich zurückkehrenden Lachs und Meerforellen seit 2002. Zwar lassen die abgebildeten Kurven einen Anstieg vermuten, Ziel wäre jedoch ein steilerer Anstieg zwischen den einzelnen Punkten. Das würde einen deutlichen Zuwachs der Population bedeuten. Dennoch zeigen die Zahlen, dass durch die Bestrebungen des Fario e.V. der Bestand erfolgreich aufrechterhalten werden konnte.

 

Die Wiederansiedlung des Lachses im Fokus von vielen weiteren Initiativen

Jenseits des Stepenitz-Systems in Brandenburg gibt es in Deutschland noch viele weitere Initiativen für die Wiedereinbürgerung des Lachses, die sich tagtäglich mit ähnlichen Problemen konfrontiert sehen. Der Landesfischereiverband Baden-Württemberg hat die gemeinnützige Wanderfische Baden-Württemberg GmbH gegründet, die das Wanderfischprogramm Baden-Württemberg unterstützt und das Ziel verfolgt, allen Wanderfischen im baden-württembergischen Rheingebiet Lebensraum zu schaffen. Der Landessportfischerverband Schleswig-Holstein (LSFV SH) kümmert sich um die Reproduktion von Lachs und Meerforelle. Er hat damit bei der Google Impact Challenge gewonnen. Mehr als 1,5 Millionen Lachseier und mehr als 18 Millionen Meerforelleneier wurden seit 1982 für die Nachzucht aufgelegt. Der Lachsverein gibt seit 2005 eine sehr informative CD zum Thema „Rückkehr der Lachse“ heraus, mit über 100 Seiten, verteilt in über 10.000 Exemplaren. An der Sieg, einem Zufluss zum Rhein, engagieren sich Angler im Rahmen der Stiftung Wasserlauf für den Erhalt und die Wiederansiedlung von Lachsen im Rheinsystem.

Aber auch international ist die Wiederansiedlung des Atlantischen Lachses ein Thema. 1989 wurde der North Atlantik Salmon Fund (NASF) gegründet. Der DAFV wie auch einige seiner Mitgliedsverbände sind dort Mitglied. Dieser verfolgt das Ziel, die Berufsfischerei auf Lachs zu mindern. Gemeinsames Ziel aller Anstrengungen ist es, sich selbst reproduzierende Bestände zu begründen. Das erfordert zurzeit, dass die laichbereiten Lachse eine Chance haben, wieder in ihre Ursprungsbäche zurückzukehren und nicht vorher im Kochtopf landen.

Wiederherstellung der natürlichen Habitate ein langwieriger und aufwändiger Prozess

Unsere Fließgewässer wurden in den letzten 200 Jahren zu Schifffahrtskanälen umgebaut sowie durch Wehre und Wasserkraftanlagen in einzelne Gewässerabschnitte unterteilt. Viele Mäander wurden abgeschnitten, die Gewässer begradigt, die Fließgeschwindigkeit erhöhte sich. Die Dynamik der Gewässer hat sich verändert und damit auch der Sedimenttransport. Obwohl vielerorts die Wasserqualität wieder deutlich verbessert wurde, ist die Wiederherstellung der natürlichen Habitate ein langwieriger und aufwändiger Prozess. Darüber hinaus bedroht die enorme Anzahl an Zuchtlachsen in den Aquakulturanlagen entlang der Atlantikküste die natürlichen Wildlachsbestände durch: Übertragung von Krankheiten, zunehmende Verbreitung der Lachslaus und vor allem die genetische Durchmischung mit Wildlachsen.

20211210 Stepenitz 0026„Langfristiges Ziel ist ein nachhaltiger, sich selbst reproduzierender Bestand, der nicht mehr auf unsere Unterstützung angewiesen ist. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg“, so Bruthauswart Mirko Beutling. Foto: Philipp Czapla, DAFV

Fazit

Es wird mal wieder sehr deutlich, dass der Verlust und das Verschwinden von Fischarten deutlich schneller von statten geht, als dass wir sie in den Gewässern wiederansiedeln können. Um der Ausrottung dieser beeindruckenden Großsalmoniden entgegenzuwirken, ist ein jeder aufgerufen und eingeladen sich in einer der vielen Initiativen zu engagieren oder diese zu unterstützen. Unser größter Dank gebührt den vielen bereits engagierten Anglern, Vereinen und Initiativen, die sich in vielen ehrenamtlichen Stunden bereit erklären die Flüsse wieder in ihren ursprünglichen Zustand herzustellen sowie die darin bedrohten Fischarten zu schützen und wiederanzusiedeln.

Wer mehr über Wiederansiedlungsprogramme des Atlantischen Lachses (Salmo salar) im Rhein und Elbe Flusssystem (u.a. im Stepenitz-System) wissen möchte, dem empfehlen wir nachstehendes Video von Kristof Reuther und Jonas Steiner. 

 

 

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Deutscher Angelfischerverband e.V. (DAFV)

DeutschlandkarteDer Deutsche Angelfischerverband e.V. besteht aus 25 Landes- und Spezialverbänden mit ca. 9.000 Vereinen, in denen mehr als 500.000 Mitglieder organisiert sind. Der DAFV ist der Dachverband der Angelfischer in Deutschland. Er ist gemeinnützig und anerkannter Naturschutz- und Umweltverband. Der Sitz des Verbandes ist Berlin. Er ist im Vereinsregister unter der Nummer 32480 B beim Amtsgericht Berlin Charlottenburg eingetragen und arbeitet auf Grundlage seiner Satzung.

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