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Viele Gewässer in Deutschland sind durch fehlende Gewässerrandstreifen und dem Einsatz von Dünger stark mit Nährstoffen belastet. Foto: DAFV, Olaf Lindner

Am 15. Juli 2024 lehnte der Bundesrat eine vom Bundestag verabschiedete Erneuerung des Düngemittelgesetz ab. Während die meisten Gesetze den Bundestag passieren und nach einer vorhersehbaren Abstimmung im Bundesrat im Kraft treten, kommt es hin und wieder vor, dass auch der Bundesrat Gesetze ablehnen. Dieser Fall ist besonders interessant, da die Bundesregierung hier versucht hat, eine EU-Richtlinie umzusetzen, wozu sie gesetzlich verpflichtet ist, ansonsten drohen hohe Geldstrafen seitens der EU. Diese Richtlinien waren ohnehin bereits das Ergebnis schwieriger Verhandlungen und Kompromisse zwischen der Bundesregierung und der EU-Kommission. Wie bei allen im Bundesrat gescheiterten Gesetzen haben Bundesrat und Bundestag nun die Möglichkeit, den Vermittlungsausschuss anzurufen, um einen Kompromiss zwischen Bund und Ländern auszuhandeln.

 

Gesetzgebung Zustimmungsgesetz

Quelle: https://www.bundesrat.de/DE/aufgaben/gesetzgebung/zust-einspr/zust-einspr-node.html

Auf den ersten Blick sieht es nach einer etwas peinlichen Niederlage für die Bundesregierung aus. Der hart erarbeitete Kompromiss zwischen EU und BMEL ist an der letzten Hürde gescheitert. Der Dämpfer kam mit den Gegenstimmen aus Brandenburg, Baden-Württemberg und Hessen. Eine viel schwerwiegendere Niederlage ist jedoch die Tatsache, dass Brandenburg, ein Bundesland, das dominierend von SPD-, CDU- und Grünen -Politikern regiert wird, eines der drei Bundesländer war, die gegen das Gesetz gestimmt haben. Vor dem Hintergrund der Brandenburger Landtagswahlen am 22. September 2024 und den jüngsten und immer wütender werdenden Protesten aus der Landwirtschaft ist die Entscheidung der Landesregierung um Dietmar Woidke eindeutig politisch motiviert. Sie wird aber Auswirkungen auf alle EU- und Bunderegierungsebenen sowie auch auf die Angelfischerei haben.

Deutschland als Ausnahmeerscheinung in Europa

Hintergrund dieser Erneuerung des Düngegesetzes ist, dass Deutschland bereits zugesagt hat, verschiedene von den EU-Behörden geforderte Reformen umzusetzen und im Gegenzug das anhängige Gerichtsverfahren wegen mangelnder Umsetzung der Verordnung (EU) 2019/1009 auszusetzen. (BT-Drs 20/865)[1] Als Mitgliedstaat der EU ist Deutschland an die Regeln, Verordnungen und Richtlinien der Europäischen Union gebunden. Bei Verstößen können Vertragsverletzungsverfahren und Bußgelder eingeleitet werden. Dieses spezielle Thema war bereits seit 2012 ein Streitpunkt zwischen Deutschland und der EU. Die EU-Behörden mussten Deutschland stetig auffordern, die Richtlinie umzusetzen, was wenig Erfolg nach sich zog. Die letzte Düngeverordnung wurde zwar von der letzten Bundesregierung im Jahr 2020 umgesetzt, die Verordnung wurde aber vom Europäischen Gerichtshof als unzureichend für die Umsetzung der in der aktuellen Richtlinie festgelegten Regeln befunden. Gegen Deutschland wurde ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, weil es die Richtlinie bis 2023 nicht in nationale Gesetzgebung umgesetzt hat. Dieses Verfahren mündete in eine Verhandlungsphase, die zur Erarbeitung der aktuellen Gesetzgebung führte, die auch mögliche Bußgelder bis zur Verabschiedung des neuen Düngegesetzes auf Bundesebene aufschiebt. (BMEL, 2024)[2]

Bürokratie nicht ausreichend abgebaut

Hauptziel dieses Gesetzentwurfes war laut der BMEL, die Menge an Nitrat zu messen, die durch den Einsatz von Düngemitteln in der Landwirtschaft in Gewässer gelangen und zur zunehmenden Eutrophierung von Flüssen, Seen und sogar Meeren beiträgt. Der BMEL ging davon aus, dass die neue Regelung zur Umsetzung des Verursacherprinzips beitragen würde, so dass Landwirte, die weniger düngten, nicht pauschal für die Nitrateinträge in die Gewässer verantwortlich gemacht werden könnten. Für viele war dies bisher tragbar, aber zusätzlich müssen landwirtschaftliche Betriebe mit einer Flächenbewirtschaftung ab 15 Hektar eine sogenannte „Stoffstrombilanz“ erstellen, in welcher die Menge der auf den Feldern ausgebrachten Nährstoffe gemessen und an das BMEL übermittelt werden soll. Bisher galt diese Regelung für Betriebe ab einer Flächennutzung von 20 Hektar. Darüber hinaus soll mit der neuen Düngeverordnung sichergestellt werden, dass nur noch sichere Düngeprodukte auf den EU-Markt gelangen. (Bundestag.de, 2024)[3]

Dieser erhöhte bürokratische Aufwand für die kleineren Landwirte scheint das Fass zum Überlaufen gebracht zu haben. Die Ministerpräsidenten, Herr Woidke (Brandenburg) und Herr Rhein (Hessen) sowie der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Herr Hauck (Baden - Württemberg) sprachen sich vehement gegen den erhöhten bürokratischen Aufwand aus, der Landwirten mit einer Flächenbewirtschaftung von mehr als 15 Hektar neuerlich auferlegt wird. Minister Hauck äußerte sich folgendermaßen zur Düngethematik: „Unter dem Strich lässt dies die Ernsthaftigkeit der Willensbekundung der Bundesregierung zum Bürokratieabbau in der Landwirtschaft absolut fraglich erscheinen.“ Mit den Gegenstimmen dieser drei Bundesländer wurde der Gesetzentwurf schließlich abgelehnt (BR-PlPr – 1046).[4]

Steilküste Ostsee

Auswirkungen auf die Ostsee

Die Anglerinnen und Angler in Deutschland wissen nur zu gut um die Auswirkungen von Nährstoffeinträgen aus landwirtschaftlich genutzten Flächen. Stickstoff und Phosphor, die Hauptbestandteile vieler Düngemittel, sickern in Grundwasser und Flüsse, Seen und Meere, insbesondere in Zeiten von starken Niederschlägen, wie wir sie derzeit im Sommer 2024 erleben. Diese Stoffe erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Algenblüten, die dem Wasser Sauerstoff entziehen. Die Ostsee ist aufgrund ihres Binnenmeercharakters und des geringen Wasseraustauschs mit der Nordsee besonders empfindlich gegenüber Eutrophierung. Laut einem Bericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2018 war die Landwirtschaft in den Messjahren 2012 bis 2014 für 78 % der Stickstoff- und 51 % der Phosphoreinträge in die Ostsee verantwortlich. (BLANO, 2018)[5]   Wie wir in den letzten Monaten gesehen haben, ist dieses Thema unglaublich umstritten. Die Proteste der Landwirte und der Ruf nach mehr Schutz für die Ostsee werden immer lauter. Bei den immer lauter werdenden Rufen, Anglerinnen und Angler aus Gewässern zu verbannen, wird allzu oft übersehen, dass viele Anglerinnen und Angler in Deutschland aktiv zum Schutz dieser beitragen. Unzählige Natur- und Artenschutzprojekte wurden in ganz Deutschland durchgeführt, wobei dabei die Angelvereine eine Vorreiterrolle spielen. Dabei geht es nicht nur um den Schutz unseres geliebten Hobbys, sondern auch um den Erhalt und Schutz der Ökosysteme, die dieses Hobby erst möglich machen. Wir hoffen wirklich sehr, dass unsere wichtige Arbeit von allen Beteiligten im kommenden Bund-Länder-Vermittlungsausschuss berücksichtigt wird.

Quellen

Grafik: Gesetzgebungsverfahren - https://www.bundesrat.de/DE/aufgaben/gesetzgebung/zust-einspr/zust-einspr-node.html

 

[1] Deutscher Bundestag Drucksache 20/8658 Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Düngegesetzes - https://dserver.bundestag.de/btd/20/086/2008658.pdf

[2] BMEL Pressemitteilung Nr. 67/2024 - https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/067-duengegesetz.html

[3] https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2024/kw23-de-duengegesetz-1005590#:~:text=Der%20Deutsche%20Bundestag%20hat%20am,(20%2F11664)%20an – Aufgerufen am 22.07.2024

[4] Bundesrat, Stenografischer Bericht, 1046. Sitzung Berlin, Freitag, den 5. Juli 2024

[5] Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie Richtlinie 2008/56/EG zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt (Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie) Zustand der deutschen Ostseegewässer – Bericht gemäß § 45j i.V.m. §§ 45c, 45d und 45e des Wasserhaushaltsgesetzes - Verabschiedet vom Bund/Länder-Ausschuss Nord- und Ostsee (BLANO) am 13.12.2018

Deutscher Angelfischerverband e.V. (DAFV)

DeutschlandkarteDer Deutsche Angelfischerverband e.V. besteht aus 25 Landes- und Spezialverbänden mit ca. 9.000 Vereinen, in denen mehr als 500.000 Mitglieder organisiert sind. Der DAFV ist der Dachverband der Angelfischer in Deutschland. Er ist gemeinnützig und anerkannter Naturschutz- und Umweltverband. Der Sitz des Verbandes ist Berlin. Er ist im Vereinsregister unter der Nummer 32480 B beim Amtsgericht Berlin Charlottenburg eingetragen und arbeitet auf Grundlage seiner Satzung.

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