Am 28. Oktober 2022 hat die EU-Kommission ihren Vorschlag zu Festsetzung der Fangmöglichkeiten für 2023 veröffentlicht. Für die Fangmöglichkeiten bezüglich des Europäischen Aals (Anguilla anguilla) behält sie sich aber vor, diese nach erscheinen des ICES-Gutachtens am 03. November 2022 noch zu aktualisieren.
Vorschlag der EU-Kommission für 2023
Aktuell schlägt die EU-Kommission vor, die bisher gültige Schonzeit von drei Monaten auf sechs Monate auszudehnen. Diese Schonzeit bezieht sich auf Meeresgewässer, angrenzende Brackgewässer im Nordostatlantik (einschließlich Ostsee) und das Mittelmeer und soll die größten Wanderungsbewegungen von Glasaalen und Blankaalen abdecken. Die Schonzeit soll für die Berufsfischerei und Freizeitfischerei gelten. Aufgrund der hohen Variabilität der Wanderungszeiträume in unterschiedlichen Gebieten innerhalb eines Mitgliedsstaats, können unterschiedliche Schonzeiten für die verschiedenen Gebiete und Lebensstadien des Europäischen Aals (bspw. Glasaal und Blankaal) festgelegt werden.
ICES-Gutachten für 2023
Wie im letzten ICES-Gutachten für 2022, empfiehlt der ICES erneut, jegliche Aalfänge im Jahr 2023 einzustellen. Diese Empfehlung gilt für Berufs- und Freizeitfischerei und umfasst auch die Glasaalfänge für Aquakultur und Besatzmaßnahmen. Als Folge einer strukturellen Änderung findet sich im aktuellen Gutachten ein Absatz mit Hinweisen zu Naturschutzaspekten („ICES advice on conservation aspects“).
Übersetzt, lautet dieser Absatz wie folgt:
- Alle nicht-fischereibedingten anthropogenen Sterblichkeiten sollten auf Null reduziert werden.
- Quantität und Qualität der Aallebensräume sollten wiederhergestellt werden; dazu gehört die Wiederherstellung der Vernetzung und der physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften der Lebensräume.
Einschätzungen des DAFV
Der Verband begrüßt die strukturelle Änderung des ICES-Gutachtens. Nachdem im letzten Jahr die Reduzierung der Fischerei im Fokus stand, werden jetzt auch andere menschlichen Einflüsse auf den Aalbestand in einem gesonderten Absatz explizit behandelt. Allerdings fehlen aus Sicht des DAFV, Anhaltspunkte für die Bewertung, ab wann ein akzeptables Schutz-Level erreicht ist. Beispielsweise würde die Abschaltung aller Pumpen in den Niederlanden dazu führen, dass weite Teile des Landes überflutet würden. Die Empfehlung des ICES ist an der Stelle also vollkommen unrealistisch und nicht anwendbar.
Der Vorschlag der EU-Kommission überrascht aus drei Gründen:
- noch vor wenigen Wochen hat die Kommission in einem Hintergrundpapier für einen ganzheitlichen Ansatz geworben. Dieser wird jetzt nur in einer begleitenden Pressemitteilung angedeutet.
- Die EU-Kommission bezieht sich in der Begründung für die vorgeschlagenen Maßnahmen auf die Konsultation der Interessenträger. In diesem Falle handelte es dabei um die Beiräte für die Ostsee (BSAC), die Nordsee und den Nordostatlantik (NSAC, NWWAC) und das Mittelmeer (MEDAC). Alle vier Beiräte hatten sich aber kritisch gegenüber weiteren Einschränkungen für die Fischerei geäußert.
- Das Fangverbot während der 6-monatigen Schonzeit bezieht sich nur auf die Küstengewässer der EU-Mitgliedsstaaten und betrifft in Bezug auf Blankaalfischerei vorrangig die Länder Schweden, Dänemark und Deutschland. Die französische Glasaalfischerei beispielsweise passiert fast ausschließlich in nationalen Hoheitsgewässern (Flussestuare) und ist somit von dem Verbot nicht betroffen.
Wie geht es weiter?
Die EU-Fischereiminister und Vertreter der EU-Kommission treffen sich am 12. und 13. Dezember 2022, um die Fangmöglichkeiten für das Jahr 2023 festzulegen. Ob sich die Vertreter der EU-Mitgliedsstaaten auf die Ausdehnung der Schonzeit einigen können, bleibt vorerst offen. Außerdem bleibt es unklar, wie die nicht-fischereilichen Schutzmaßnahmen von den EU-Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission angegangen und umgesetzt werden sollen.