Am 12 Juni 2018 hat das Europäischen Parlament zum ersten Mal einen Entschluss zu dem „Sachstand der Freizeitfischerei in der Europäischen Union“ (2017/2120(INI)) veröffentlicht. Auch wenn der Entschluss keinen rechtlich bindenden Charakter hat, so ist er für die Freizeitfischerei ein Fundament für zukünftige Maßnahmen und Entwicklungen in Europa. Was sagt das Dokument aus?
Was versteht die EU eigentlich unter dem Wort Freizeitfischerei?
Als erstes geht es darum, eine Definition und Abgrenzung für das festzulegen, was die EU unter dem Begriff Freizeitfischerei versteht. Als Definition nennt der Bericht: „tatsächlicher oder angestrebter Fang von lebenden aquatischen Ressourcen in erster Linie zu Freizeitzwecken und/oder zum persönlichen Verbrauch“. Dazu wird auf die Feststellung wert gelegt, dass: „die Vermarktung von Fängen aus der Freizeitfischerei […] untersagt [ist]“. Für Angler in Deutschland eine Selbstverständlichkeit. Der Entschluss stellt aber auch fest, dass es auf EU-Ebene keine vereinbarte, einheitliche und eindeutige Bestimmung des Begriffs „Freizeitfischerei“ gibt, und die Freizeitfischerei deshalb nur schwerlich kontrolliert werden kann.
Was man nicht messen kann, kann man nicht managen
Der Sachstand führt aus, dass sinnvolle Regelungen für die Freizeitfischerei auf Ebene der EU nur erlassen werden können, wenn die Mitgliedsstaaten in Zukunft mehr und verlässlichere Daten dazu erheben. Eine Einführung von digitalen Fangbüchern und registrierten Angelkartenverkäufen wäre in diesem Zusammenhang denkbar. Die Erhebung der notwendigen Daten könnte dabei aus dem Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) finanziell unterstützt werden.
Kontrollen sind aus Sicht des DAFV nicht grundsätzlich schlecht. So will wohl kein Angler mit einer gültigen Angelkarte, dass an seinem Gewässer unkontrolliert schwarzgeangelt wird, oder von einzelnen ohne jedes Maß Fische entnommen werden. Auf der anderen Seite wollen Angler am Wasser nicht das Gefühl haben, ständig überwacht zu werden. Hier gilt es einen sinnvollen Ausgleich zu finden und mögliche Maßnahmen in Abstimmung mit den Anglern der jeweiligen Mitgliedsstaaten umzusetzen.
In Teilen der Angelfischerei im Binnenbereich, sind Fangbücher und Datenerhebungen dazu nicht neu. So sind die meisten Angelvereine in Deutschland genauso daran interessiert, zu erfahren wer an ihren Gewässern angelt und was entnommen wurde, um ihre Gewässer sinnvoll zu bewirtschaften.
Dazu werden Erlässe auf Grundlage von vagen Vermutungen, oder Schätzungen den Anglern aus der Erfahrung nicht gerecht und finden bei der Basis der Angler nur wenig Akzeptanz.
Zunehmende Bedeutung der Freizeitfischerei
Die zunehmende Bedeutung der Freizeitfischerei wird dabei ausdrücklich und gleich in mehreren Abschnitten betont. Geschätzte 9 Millionen Menschen bzw. 1,6 % der Bevölkerung Europas gehen der Freizeitfischerei auf See nach. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Freizeitfischerei allein auf See (also ohne Binnenfischerei) werden in Europa auf 10,5 Mrd. EUR geschätzt. Überschlägig sind rund 100.000 Arbeitsplätze in Europa allein der Freizeitfischerei auf See zu verdanken. Gemeinden vor Ort und an der Küste ziehen Nutzen aus dem Tourismus und der Herstellung, dem Verkauf und der Vermietung von Ausrüstungsgegenständen und der Erbringung anderer Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Freizeitfischerei. Die Freizeitfischerei leistet dabei einen wichtigen Beitrag zum Sozialleben und zur öffentlichen Gesundheit, da sie beispielsweise die Lebensqualität der Beteiligten erhöht, zur Interaktion zwischen jungen Menschen einlädt und für die Umwelt und die große Bedeutung ihrer Nachhaltigkeit sensibilisiert.
Rückwurfverbot und Überlebensrate
Der Entschließung nach zu urteilen, soll das geltende Rückwurfverbot für die kommerzielle Fischerei nicht 1:1 auf die Freizeitfischerei angewendet werden: “Die Überlebensrate von mit Handangeln und Angelschnüren gefangenen Fischen („Fangen und Zurücksetzen“) ist zumeist höher als bei mit anderen Geräten und Methoden gefangenen Fischen. Es sind weitere Informationen zu den am häufigsten in der Meeresfreizeitfischerei verwendeten Fanggeräten notwendig, um einen Vergleich zwischen Überlebenswahrscheinlichkeiten von Rückwürfen in der kommerziellen und zurückgesetzten Fischen in der Freizeitfischerei herstellen zu können“.
Eine generelles Rückwurfverbot für Angler würde sämtliche, in Deutschland geltenden Regelungen in Bezug auf Mindestmaße und Schonzeiten außer Kraft setzen. Es ist zu begrüßen, dass die Entschließung diesem Umstand Rechnung trägt und auf die unterschiedlichen Voraussetzungen bei Netz- und Angelfischerei eingeht. Diese Ansicht vertrat auch, dass in Deutschland für diesen Sachverhalt zuständige Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Gespräch, auf Nachfrage des DAFV.
Angeln ist in der EU ein jahrhundertealtes Kulturgut
Der Hinweis, dass die Freizeitfischerei schon seit Jahrhunderten in der gesamten EU ausgeübt wird und fester Bestandteil der Kultur, der Traditionen und des Erbes zahlreicher Küsten- und Inselgemeinden ist; ist aus Sicht des DAFV eine entscheidende Aussage. Dabei wird betont, dass die verschiedenen Ausprägungen der Freizeitfischerei so unterschiedlich sind, wie die Kulturen der EU selbst und dass dieser Tatsache bei dem Versuch, diesen Bereich zu regulieren, Rechnung getragen werden muss. Das lässt hoffen, dass mögliche zukünftige Maßnahmen bzw. weitergehende Regulierungen der Angler in Deutschland mit Augenmaß und unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten in Angriff genommen werden.
Kritische Aspekte aus der Entschließung
Die Entschließung enthält aber auch Aspekte, die der DAFV ausdrücklich kritisiert. So wird behauptet, dass Studien zufolge ein großer Teil des rückverfolgbaren Plastikabfalls in Meeren, Seen und Flüssen von Freizeitaktivitäten im Zusammenhang mit Wasser wie Bootsfahrten, Tourismus und Fischerei herrührt. Natürlich hinterlassen Angler auch Spuren in Meeren, Seen und Flüssen, aber dass sie für einen Großteil des Plastikabfalls verantwortlich sein sollen, stellt der DAFV in Zweifel. Aktuelle Untersuchungen an den deutschen Küstenbereichen von Nord- und Ostsee können diese Behauptung in keiner Weise stützen. Dazu wird in Deutschland eine aktuelle Studie erhoben, von der wir uns erhoffen, dass sie diese Untersuchungen wissenschaftlich belegt. Eine pauschale Behauptung, Angler in Deutschland wären für einen großen Teil des Plastikmülls in unseren Gewässern verantwortlich, weist der DAFV ausdrücklich zurück.
Fazit
Als Fazit lässt sich folgende Aussage aus der Entschließung hervorheben: „Die Freizeitfischerei wird in den meisten Ländern Europas immer beliebter. Diese Art der Fischerei ist eine wichtige Aktivität mit gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, arbeitsmarktbezogenen und ökologischen Auswirkungen und hat damit aber auch erhebliche Auswirkungen auf die Fischbestände. Deshalb sollten die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass diese Aktivitäten nachhaltig und in einer Art und Weise betrieben werden, die mit den Zielen der gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) vereinbar sind.“
Die Kommission wird mit Nachdruck aufgefordert, den Ausbau der Freizeitfischerei im Rahmen des Tourismus unter anderem finanziell zu unterstützen, da diese einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Wirtschaft in kleinen Gemeinden, Küstengemeinden, Inseln und insbesondere in den Gebieten in äußerster Randlage leistet; darüber hinaus werden die Bemühungen um die Verlängerung der Tourismussaison über die Sommermonate hinaus hierdurch gestärkt. Dazu soll ein Fonds zur Förderung des Freizeitfischereitourismus in kleinen Küstengemeinden aufgelegt werden.
Während der DAFV die offizielle Feststellung der Bedeutung der Freizeitfischerei für die EU begrüßt, so wollen wir uns dem Vorwurf erwehren, die Angelei in Deutschland wäre in ihrer jetzigen Form nicht nachhaltig oder nicht mit den Zielen der GFP vereinbar. Die Bereitstellung finanzieller Mittel für Infrastrukturmaßnahmen in Küstengebieten ist dabei ein lang gehegter Wunsch. So könnten Infrastrukturmaßnahmen für Angler wie z.B. kostenlose Slipanlagen, Parkplätzte und andere sinnvolle Angebote für Angler an Deutschlands Küsten entstehen. Der DAFV hat im Rahmen seiner Mitgliedschaft in der European Anglers Alliance (EAA) maßgeblich daran mitgewirkt, dass ein interparlamentarisches Arbeitsforum für Angelfischerei im Europaparlament eingerichtet wurde, um unter anderem eine vollständige und faire Anerkennung der Angelfischerei im Rahmen der Gemeinsamen Europäischen Fischereipolitik (GFP) zu erwirken. Er wird den Prozess möglicher zukünftiger Maßnahmen auf Ebene der EU und der Bundesregierung weiter aktiv und kritisch begleiten.
Den gesamten Entschluss zu dem „Sachstand der Freizeitfischerei in der Europäischen Union“ (2017/2120(INI)) finden Sie als Anhang an diesen Artikel zum Download.