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Am 22. November 2017 veröffentlichte die EU Kommission einen Entwurf für eine Gemeinsame Erklärung zur Verbesserung der Erholung des Bestandes des Europäischen Aals. Darin werden weitreichende, zusätzliche Maßnahmen zur Wiederauffüllung des Bestandes des Europäischen Aals gefordert.
Der Deutsche Fischerei-Verband lehnt diese Forderungen entschieden ab.

Zusammenfassung

Es gibt keinen aktuellen Anlass zu derart drakonischen Maßnahmen mit so weitreichenden Folgen für viele arbeitende Menschen. Der Rückgang des Glasaalaufkommens an der europäischen Atlantikküste ist unstrittig, aber seit einigen Jahren ist der Rückgang gestoppt und es wurde eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau erreicht. Durch die Aalmanagementpläne gibt es vielerorts Bemühungen mit Hilfe vieler Beteiligter, den Aalbestand aufzubauen.

Für die weitreichenden Forderungen der Kommission gibt es keine wissen-schaftlich fundierte Begründung und keine seriöse Folgenabschätzung. Sollten die Mitgliedstaaten diesen Forderungen trotzdem nachkommen, werden viele Fischereibetriebe sowohl im Binnenland wie auch an der Küste ihren Betrieb aufgeben. Auch die Angelfischerei wird dadurch deutliche Verluste erleiden.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen erscheinen als überzogener Aktionismus, der viel Schaden anrichten kann. Radikale flächendeckende Fangverbote werden auch die bisherigen Anstrengungen zum Erhalt der Population durch Besatz gefährden bzw. erheblich verringern. Außerdem gibt es formale und rechtliche Bedenken gegen das geplante Vorgehen der Kommission.

Der bisher eingeschlagene Weg zum Wiederaufbau der Bestände auf der Basis von regionalen Aalmanagementplänen sollte stattdessen konsequent weiter verfolgt werden. Dazu gehört auch eine nachdrückliche Bekämpfung von illegalen Glasaalexporten nach Asien. Diese kriminell gehandelten Jungaale gehen dem europäischen Bestand unwiederbringlich verloren.

Generelle Anmerkung

Es fehlt im gesamten Dokument die Anerkennung der bisher in den Mitgliedstaaten geleisteten Anstrengungen zum Wiederaufbau des Aalbestandes. Seit Inkrafttreten der EU Aalverordnung im Jahre 2007 haben die Mitgliedstaaten große Anstrengungen unternommen. Es wurden Aalbewirtschaftungspläne für die einzelnen Flussgebietseinheiten erarbeitet. Diese wurden von der EU-Kommission geprüft und genehmigt und werden seitdem in den Mitgliedstaaten umgesetzt.

Aufgrund des langen und komplexen Lebenszyklus des Aals war bereits bei der Erstellung der Managementpläne klar, dass messbare Erfolge der Maßnahmen erst in vielen Jahren bis hin zu Jahrzehnten zu erwarten sind. Wissenschaftlich ist dieser lange Zeitraum bis zur kompletten Erholung des Aalbestands vielfach aufgezeigt worden. Darum muss man diesen Plänen jetzt auch die notwendige Zeit einräumen. Zudem wurde bisher nicht anerkannt, dass zumindest der Tiefpunkt in der Rekrutierung seit einigen Jahren überwunden ist. Seit dem niedrigsten Wert im Jahre 2011 steigt das Glasaalaufkommen an den europäischen Küsten wieder leicht an. Das ist als erster Erfolg in einem noch viele Jahre dauernden Bestandaufbau zu bewerten. Hinzu kommt, dass Erfolge nur dann sichtbar werden, wenn die getroffenen Maßnahmen zielführend sind und nicht andere, bisher nicht bekannte oder vom Menschen nicht zu beeinflussende Faktoren für den Rückgang des Glasaalaufkommens verantwortlich sind.

Zudem beteiligen sich verschiedene Stakeholder in unterschiedlichem Maße am Wiederaufbau des Aalbestandes. Während sich Angler und Fischer mit hohem persönlichen Einsatz und eigenen finanziellen Mitteln für den Aalbestand engagieren, sieht die Sache bei anderen Verursachern erheblicher Aalmortalitäten anders aus. Bisher gibt es keinen weitreichenden Schutz von aufsteigenden Glas- bzw. Steigaalen vor den Kühlwasserentnahmen großer Kraftwerke und vor Pumpstationen. Bis heute lässt der Wasserkraftsektor zudem nur sehr vereinzelt den Willen erkennen, etwas zum Schutz der abwandernden Blankaale vor dem Tod in den Turbinen zu unternehmen. Auch die Forderung nach einem europaweiten Kormoranmanagement durch Fischer und Angler blieb bisher erfolglos.

Der Entwurf wirkt unausgewogen, denn bei der fischereilichen Mortalität wird ausschließlich auf die Gelb- und Blankaalfischerei abgezielt. Die Glasaalfischerei bleibt gänzlich unberücksichtigt. Das würde dazu führen, dass die Fischereibetriebe, die mit eigenen finanziellen Mitteln in den vergangenen Jahren den Bestand wieder auf-gebaut haben, die Verlierer dieser Maßnahmen wären, wogegen die Glasaalfischerei sowie die Aalaquakulturen so weiter machen wie bisher. Die Glasaalfischerei ist zwar essentiell, um den Besatz für die Aalmanagementpläne zu gewährleisten, aber Glasaalfischerei für den menschlichen Konsum und die Aalproduktion in Aquakultur müssten dann ebenfalls verboten werden, folgt man dem Vorsorgeansatz. Denn in beiden Fällen gehen die gefangenen Glasaale dem Bestand und damit der Reproduktion verloren. Hinzu kommt, dass durch die Nicht-Berücksichtigung der Glasaalfischerei eines der drängendsten Probleme für den Europäischen Aal, der illegale Glasaalexport nach Asien, nicht entschlossen genug angegangen wird.

Begründung

Die Begründung für die radikalen Maßnahmen ist fragwürdig und überzeugt nicht. Jetzt sollen die Mitgliedstaaten anerkennen, dass dringend Maßnahmen erforderlich sind um den Wiederaufbau des Bestandes des Europäischen Aals sicherzustellen und dass ab 2018 weitere konkrete Maßnahmen getroffen werden müssen. Die Mitgliedstaaten haben jedoch schon vor längerer Zeit anerkannt, dass der Bestand des Europäischen Aals eines besonderen Schutzes bedarf. Darum wurde nach langer Beratung im Jahre 2007 die EU-Aalverordnung von den Mitgliedstaaten verabschiedet und es wurden in den Mitgliedstaaten seither bereits konkrete Maßnahmen getroffen. Es wird Zeit, dass die EU-Kommission diese Bemühungen anerkennt.

Die Empfehlung des Internationalen Rates für Meeresforschung lautet bereits seit Jahren, die Mortalität des Aalbestandes soweit wie möglich zu senken. Die Daten der Empfehlung zeigen keine aktuelle Verschärfung der Situation, aus der sich dieser neue Handlungsbedarf ableiten ließe.
Die in der Begründung genannte Tatsache, dass die EU die Fischerei auf Aal in den Meeresgewässern der Union bereits verboten hat, trifft nicht zu.
Zweck

  1. i) Es ist keine Verbindung zu den Zielen und Inhalten der EU-Aalverordnung und den daraufhin installierten Managementplänen zu erkennen. Ziel der EU-Aalverordnung ist es, die anthropogene Mortalität zu verringern und so mit hoher Wahrscheinlichkeit die Abwanderung von mindestens 40 % derjenigen Biomasse an Blankaalen ins Meer zuzulassen, die gemäß der bestmöglichen Schätzung ohne Beeinflussung des Bestands durch anthropogene Einflüsse ins Meer abgewandert wäre.
    Wie dieses Ziel erreicht wird, schreibt die EU-Aalverordnung jedoch nicht vor. In Deutschland wird dieses Ziel hauptsächlich durch Besatz erreicht. Hinzu kommt, dass dieser Punkt alle bestrafen würde, die bereits Maßnahmen zur Verringerung des Fangaufwandes bzw. der fischereilichen Sterblichkeit ergriffen haben, denn der von der Kommission gewählte Referenzzeitraum (2017) stimmt nicht mit dem in der Aalvorordnung (2004-2006) überein. Gelten soll diese Maßnahme ab dem 1. Januar 2018, zu einem Zeitpunkt also, an dem die Zahlen für das Jahr 2017 noch gar nicht vollständig vorliegen.

    ii) Wie will die Kommission die 50 %ige Reduzierung der nicht fischereibezogenen anthropogenen Mortalitätsfaktoren durchsetzen und kontrollieren? Die Wasserrahmenrichtlinie ist seit dem Jahr 2000 in Kraft und erzielt sicher auch einige Erfolge. Aber wie sollen die Mitgliedstaaten strukturelle Maßnahmen zur Verbesserung der Durchgängigkeit in den nächsten 5 Jahren um 50 % durchsetzen, ganz zu schweigen von der Planung, der Realisierung und der Kosten. Das ist unrealistisch und weltfremd.
    Ähnlich ist der Vorstoß bezüglich der Wasserkraft zu bewerten. Will man jetzt in den Monaten der Blankaalwanderung alle Kraftwerke abschalten? Wer entschädigt die Kraftwerksbetreiber dann für die Verluste? Fragen der Machbarkeit und Zweckmäßigkeit auch in Zusammenhang mit aktuellen energiewirtschaftlichen Prioritäten legen den Schluss nahe, dass am Ende nur die Fischerei verboten wird. Nicht berücksichtigt sind zudem die anderen Verursacher nichtfischereilicher Mortalitäten wie Kühlwasserentnahmen, Pumpspeicherwerke, Baggermaßnah-men etc.
    Eine weitere Frage, die sich angesichts der identifizierten Mortalitätsfaktoren stellt, ist der Umgang mit dem wachsenden Kormoranbestand. Die hartnäckige Weigerung der EU-Organe eine Reduzierung des europäischen Kormoranbestandes auf europäischer Ebene zu organisieren und zu koordinieren, legt den Schluss nahe, dass auch hier keine ernsthaften Maßnahmen ergriffen werden sollen. Durch den übertriebenen Schutz des Kormoranbestandes muss der Wegfraß von Aalen durch diese Vogelart ebenfalls als anthropogene Mortalität angesehen werden, die in früheren Jahren niemals das Ausmaß erreicht hat, mit dem man jetzt umgehen muss.

  2. Das Ergebnis der zusätzlichen Maßnahmen tangiert die bisherigen Managementbemühungen, auch wenn es sicherlich nicht der Zweck der Gemeinsamen Erklä-rung ist. Der deutsche und ebenso viele andere implementierte Aalbewirtschaf-tungspläne nutzen Aalbesatz als wichtiges Managementinstrument. Dieser wird von den Akteuren, also den Fischern und Anglern, finanziert und durchgeführt. Auch die EU stellt dazu erhebliche Mittel zur Verfügung. Das macht niemand selbstlos, sondern das Ziel aller Beteiligten hier ist der Schutz durch Nutzung, und das hat sich flächendeckend in Deutschland bewährt. Erste Erfolge der Besatzmaßnahmen zeigen sich in den gestiegenen Blankaalabwanderungsraten. Durch die Besatzbemühungen der letzten Jahre wird die durch die Europäische Aalverordnung geforderte Abwanderungsrate in Deutschland erreicht.
    Vor diesem Hintergrund ist es mehr als fraglich, warum vorgeschlagen wird, dass geförderter Besatz erst nach der Reduzierung der nicht fischereilichen Mortalitätsfaktoren um 50 % gewährt wird. Also frühestens nach 5 Jahren. Glaubt die Kommission ernsthaft, dass ein Fischer nach 5 Jahren dann wieder mit Besatzmaßnahmen anfängt?
    Dieser Punkt würde also zu einer sofortigen Beendigung aller bestands-stützenden Maßnahmen führen. Das Ergebnis wäre, dass es mittelfristig in vielen Gewässern Deutschlands keine Aale mehr geben würde. Durch den geringen Glasaalzuzug und die immer noch vorhandene weiträumige Gewässerverbauung werden die Aale ihre angestammten Lebensräume nicht erreichen. Wenn der letzte Blankaal dann in einigen Jahren abgewandert ist, sind diese Gewässer „aalfrei“. Dies könnte z. B. viele der in die Ostsee mündenden Gewässer betreffen. Solche Ansätze lassen erkennen, dass der anthropogen bedingte Habitatverlust für den Aal noch nicht von allen Beteiligten als eine der möglichen wesentlichen Ursachen für den Rückgang anerkannt wird.

  3. Zumindest was Aalbesatz und den Verkauf von Aalen angeht, ist dieser Punkt in Deutschland bereits umgesetzt. Da aber auch die Freizeitfischerei in diesen Vorschlag einbezogen ist, stellt sich die Frage, wie sich die Kommission die Rückverfolgbarkeit in der Freizeitfischerei vorstellt. Das ist ein nicht zu bewältigender bürokratischer Aufwand, der nur Kosten verursachen aber keinen Gewinn für den Aalbestandsschutz bringen würde.

  4. Selbstverständlich werden die Mitgliedstaaten im Juni 2018 einen Fortschrittbericht mit konkreten Informationen vorlegen. Setzt die Kommission sich auch eine Frist, in der sie diese Berichte evaluiert? Bereits nach der fristgerechten Abgabe der Aalmanagementpläne hat die Kommission alle Fristen verstreichen lassen, um die Pläne zu überprüfen und zu genehmigen. Darum trat der deutsche Aalmanagementplan auch erst 2010 in Kraft. Bis heute hat Deutschland noch keine Rückmeldung auf den 2015 eingereichten Fortschrittsbericht. Dann würde die Kommission vielleicht die erzielten Erfolge anerkennen und nicht immer neue, nicht zielführende Forderungen aufmachen. Eine Mustervorlage erst für den dritten Fortschrittsbericht bereitzustellen, zeugt eben-falls nicht unbedingt von großen Anstrengungen der Kommission, ihren pflichtgemäßen Beitrag zum Fortschritt und Erfolg der Aalmanagementpläne zu leisten.
    Welche externen wissenschaftlichen Prüfer werden von der Kommission zur Prüfung der Fortschrittsberichte herangezogen? Die Meinungsbildung der Kommission im Vorfeld dieses Vorschlags erscheint intransparent und von partikularen Einzelinteressen getrieben.

  5.  Bevor die Kommission eine externe Bewertung der gesamten Aalverordnung vornimmt, sollten doch zumindest die Umsetzungsberichte 2015 und 2018 gewissenhaft und transparent geprüft werden.
    Die eigentliche Frage sollte hier doch lauten, welche Länder ihr 40% Abwanderungsziel erreicht haben und welche nicht. Und bei den Ländern, die dieses Ziel nicht erreichen muss doch zunächst geprüft werden, ob die ergriffenen Maßnahmen zielführend sind und das 40 % Abwanderungsziel kurz- oder mittelfristig erreichbar ist. Wie bereits oben beschrieben ist durch den komplexen und langen Lebenszyklus des Aals die Zielerreichung nicht von heute auf morgen erreichbar.
    Vor einer Überprüfung der EU Aalverordnung sollte die Kommission erst einmal wissenschaftlich begründet belegen, dass der bisherige Ansatz und die darauf basierenden und umgesetzten Managementpläne, in denen auch die Langfristigkeit des Managements dargelegt wird, als unwirksam anzusehen sind.
    Wer soll nach dem Willen der Kommission die Aalverordnung evaluieren und wer wird in welchem Umfang daran beteiligt? Hierzu sollten baldmöglichst Verfahrensvorschläge gemacht werden.

Schlussfolgerung

Die Maßnahmen der Gemeinsamen Erklärung sind nicht erforderlich und auf Grund der unbeabsichtigten, negativen Auswirkungen nicht zweckdienlich. Zudem gibt es keinen aktuellen Anlass für diese Maßnahmen. Für die geforderten weitreichenden Maßnahmen fehlen eine wissenschaftlich fundierte Begründung und eine seriöse Folgenabschätzung.
Die Kommission wäre gut darin beraten, den bisher eingeschlagenen Weg zum Wiederaufbau der Bestände auf der Basis von regionalen Aalmanagementplänen konsequent weiter zu verfolgen. Das beinhaltet auch eine nachdrückliche Bekämpfung von illegalen Glasaalexporten nach Asien. Diese kriminell gehandelten Jungaale gehen dem europäischen Bestand unwiederbringlich verloren.

Claus Ubl
Vorsitzender der Aalkommission des
Deutschen Fischerei-Verbandes e. V.

Deutscher Angelfischerverband e.V. (DAFV)

DeutschlandkarteDer Deutsche Angelfischerverband e.V. besteht aus 25 Landes- und Spezialverbänden mit ca. 9.000 Vereinen, in denen mehr als 500.000 Mitglieder organisiert sind. Der DAFV ist der Dachverband der Angelfischer in Deutschland. Er ist gemeinnützig und anerkannter Naturschutz- und Umweltverband. Der Sitz des Verbandes ist Berlin. Er ist im Vereinsregister unter der Nummer 32480 B beim Amtsgericht Berlin Charlottenburg eingetragen und arbeitet auf Grundlage seiner Satzung.

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