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Gemeinsame Pressemitteilung des Deutschen Angelfischerverbandes e.V., Landesanglerverband Mecklenburg-Vorpommern e.V., Landesangelverband Schleswig-Holstein e.V., Deutscher Meeresanglerverband e.V. und dem Boots-Angler-Club e.V..

Der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) hat am 28. Mai 2024 seine Fangempfehlung für den Dorsch (Gadus morhua) in der Westlichen Ostsee (SDs 22-24)[i] für das Jahr 2026 und 2027 veröffentlicht.

Laut ICES weisen die derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisse darauf hin, dass der Dorschbestand in der westlichen Ostsee sowohl unter reproduktionsbeeinträchtigenden Umweltfaktoren als auch unter den Folgen einer früheren Überfischung leidet. Hinzu kommt, dass selektive kommerzielle Fanggeräte, die den Beifang von kleinen Dorschen reduzieren könnten, noch nicht flächendeckend eingesetzt werden.

Angelfischerei und kommerzielle Fischerei - zwei unterschiedliche Herangehensweisen

Berufsfischer leben von ihrem Fang. Sie sind darauf angewiesen, möglichst effizient den erlaubten Fang, die sogenannte Quote, einzufahren. Angelfischer hingegen haben eine andere Motivation. Allein die Aussicht, einen erfolgreichen Angeltag zu erleben, treibt sie an. Mit einer Tagesfangbegrenzung, dem so genannten „bag limit“, ist dem Angler dabei eine maximale Entnahmemenge rechtlich vorgegeben.

Die Wertschöpfung der Freizeitangler erkennen

Die wirtschaftlichen Auswirkungen der maritimen Freizeitfischerei belaufen sich auf insgesamt 10,5 Milliarden Euro und unterstützen fast 100.000 Arbeitsplätze in Europa (Hyder et al., 2017[ii]). Der größte Teil dieser Ausgaben entfällt auf Boote, Angelgeräte, Reisen und Übernachtungen. Für die deutschen Meeresangler ermittelte des Thünen-Institut Ausgaben von etwa 185 Millionen € pro Jahr (Daten aus 2014/2015). Das entspricht einer mittleren Ausgabe von 939 € pro Meeresangler und Jahr (Weltersbach et al., 2021)[iii]. Deutsche Meeresanglerinnen und Meeresangler sind somit für den Tourismus in den deutschen Küstenregionen, speziell in der Nebensaison, eine unverzichtbare Einnahmequelle. Stellt man nun den ökonomischen Mehrwert, den die Angler erbringen, dem tatsächlichen Fangerfolg gegenüber, so wird sehr deutlich, dass allein die Möglichkeit einen Fisch zu fangen, die Freizeitangler zu wertvollen Touristen macht. 

Für den Schutz des Dorschbestands muss mehr passieren als Angelverbote

Seit 2016 gilt für das Angeln von Dorschen in der westlichen Ostsee erstmals ein bag limit. Im Jahr 2023 lag das Tagesfanglimit bei einem Fisch pro Angler und Angeltag; für das Jahr 2024 wurden mit Art.9 und 10 der VO(EU) 2023/2638 die Bedingungen für die Freizeitfischerei in der Ostsee weiter verschärft und in den SD-Gebieten 22 – 26 der westlichen Ostsee durfte kein Dorsch mehr von Anglern angelandet werden. Wobei das Thünen Institut wissenschaftlich nachgewiesen hat, dass bei der im Jahr 2023 dokumentierten Bestandssituation des Dorsches die Freizeitfischerei keinen signifikanten Faktor in Bezug auf die Bestandsentwicklung darstellt. Ein gleichwertiger Schutz bei gleichzeitiger Zufriedenheit der Angler kann erreicht werden, wenn ein höheres bag limit mit alternativen Bewirtschaftungsmaßnahmen kombiniert wird: eine maximale Anlandegröße zum Schutz großer Superlaicher, welche von außerordentlicher Bedeutung für die Produktivität des Bestands sind (Barnett et al., 2017)[iv]; eine höhere Anlandegröße und Schonzeiten (saisonale Schließungen) (Haase et al., 2022[v]; EAA, 2023[vi]).

Für viele Menschen endet die Ostsee am Strand. Die derzeitigen Probleme, welche die Ostsee als Lebensraum für den Dorsch insgesamt in Frage stellen, gehen aber weit darüber hinaus und sind heutzutage nicht mehr in der fischereilichen Sterblichkeit durch die Freizeitfischerei oder die kommerzielle Fischerei begründet. Zwei Drittel der Nährstoffeinträge werden über Regenfälle und Flüsse in die Ostsee eingespült. Die Ostsee als Lebensraum für angestammte Fischarten zu erhalten bzw. wieder herzustellen, erfordert einen ökosystembasierten Gesamtansatz, der sich nicht nur auf fischereiliche Beschränkungen in der Ostsee verlässt.

"Sauerstoffarmut durch Nährstoffeinleitung ist immer schon ein Riesenproblem, aber durch den Klimawandel jetzt massiv verstärkt und so sehr beschleunigt, wie wir uns das vor zwei Jahren noch nicht vorstellen konnten. [...] Das scheint etwas zu sein, was jetzt rapide fortschreitet und solang die Verhältnisse so sind, wird sich der Dorsch nicht erholen. Das muss man einfach sehr, sehr klar sagen.", so Dr. Christopher Zimmermann, Leiter des Thünen Institut für Ostseefischerei.

"Im Moment ist gar nicht sicher, dass die Ostsee in der Zukunft für den Dorsch noch ein geeigneter Lebensraum sein wird. Wenn wir sie als solchen erhalten wollen, müssen ihre größten Probleme endlich angepackt werden. Wie die Wissenschaft betont, ist das wichtigste und eigentlich auch einzige Werkzeug, auf das wir Zugriff haben, die Zufuhr von Nährstoffen. Nur wenn wir die Nährstofffrachten rund um die Ostsee begrenzen, hat das Ökosystem, wie wir es kennen – und mit ihm der Dorsch – noch eine Chance. Wir Angler kämpfen seit Jahrzehnten für gesunde Ostsee-Zuflüsse. Dieses Engagement würden wir gern noch intensivieren und damit ein wichtiger Baustein im Ostseeschutz bleiben.", sagt Peter Heldt, Präsident des Landesanglerverbandes Schleswig-Holstein e.V.

Die organisierten Anglervertretungen haben angeboten einen Beitrag zu leisten und im Rahmen einer nachhaltigen Freizeitfischerei verbunden mit den Möglichkeiten der Digitalisierung, wertvolle Daten über den Zustand und die Entwicklung der Ostsee zu erheben. Das kann keine andere Gruppe in vergleichbarer Form leisten. Die Wissenschaft beklagt seit Jahren, dass sie aus Mangel an belastbaren Daten Schwierigkeiten hat, sinnvolle Handlungsoptionen für Politik und Gesellschaft zu unterbreiten.

Dies sind die Forderungen der Angelverbände für 2026 und 2027:

  • Die Angelmöglichkeit auf Dorsch und dessen Entnahme muss für Angler wieder ermöglicht werden
  • Einführung einer Kombination von 4 Managementmaßnahmen, welche einen zielgerichteten und nachhaltigen Schutz bei höherer Akzeptanz in der Bevölkerung gewährleistet:
  • Erhöhung der Mindestanlandegröße
  • Keine gezielte Fischerei auf laichende Dorsche (Laichschonzeiten/Laichschongebiete)
  • bag limit
  • Einführung einer Höchstanlandegröße - zum Schutz kapitaler Dorsche („Superlaicher")
  • Verbesserung und obligatorischer Einsatz von selektivem Fanggerät zur Verringerung des Beifangs von Dorsch in der kommerziellen Fischerei

Wissenschaftliche Untersuchung und Berücksichtigung der Einflussfaktoren auf die Bestandsentwicklung des Dorsches in der westlichen Ostsee

  • Befürwortung und Annahme des Framework towards development of a European Management Plan for the Great Cormorant8 zur Reduzierung der Auswirkungen von Kormoranen auf den Dorsch in der westlichen Ostsee

 

[i] ICES (2025). Cod (Gadus morhua) in subdivisions 22-24, western Baltic stock (western Baltic Sea). In Report of the ICES Advisory Committee, 2025. ICES Advice 2025, cod.27.22-24. https://doi.org/10.17895/ices.advice.27202560

[ii] Hyder K, Radford Z, Prellezo R, Weltersbach MS, Lewin WC, Zarauz L, Ferter K, Ruiz J, Townhill B, Mugerza E, Strehlow HV (2017). Research for PECH Committee - Marine recreational and semi-subsistence fishing - its value and its impact on fish stocks. IP/B/PECH/IC/2016-131. European Parliament, Policy Department for Structural and Cohesion Policies: Brussels. ISBN 978-92-846-1604-6. 136 pp.

[iii] Weltersbach MS, Riepe C, Lewin W-C, Strehlow HV (2021). Ökologische, soziale und ökonomische Dimensionen des Meeresangelns in Deutschland. Braunschweig: Johann Heinrich von Thünen-Institut, 254 p, Thünen Rep 83, DOI:10.3220/REP1611578297000

[iv] Barnett LA, Branch TA, Ranasinghe RA, & Essington TE (2017). Old-growth fishes become scarce under fishing. Current Biology, 27(18), 2843-2848.

[v] Haase K, Weltersbach MS, Lewin W-C, Zimmermann C, Strehlow HC (2022). Potential effects of management options on marine recreational fisheries – the example of the western Baltic cod fishery, ICES Journal of Marine Science, 79(3): 661–676, https://doi.org/10.1093/icesjms/fsac012

[vi] EAA (2023). EAA urges EU to fully implement the age and size requirements needed to achieve healthy fish stocks and `Good Environmental Status`. https://www.eaa-europe.org/files/2023-09-22-eaa_position-fisheries-management-pub-pdf_13031.pdf

Deutscher Angelfischerverband e.V. (DAFV)

DeutschlandkarteDer Deutsche Angelfischerverband e.V. besteht aus 25 Landes- und Spezialverbänden mit ca. 9.000 Vereinen, in denen mehr als 500.000 Mitglieder organisiert sind. Der DAFV ist der Dachverband der Angelfischer in Deutschland. Er ist gemeinnützig und anerkannter Naturschutz- und Umweltverband. Der Sitz des Verbandes ist Berlin. Er ist im Vereinsregister unter der Nummer 32480 B beim Amtsgericht Berlin Charlottenburg eingetragen und arbeitet auf Grundlage seiner Satzung.

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